Tische die die Welt bewegen – in dieser Beitragsreihe stellen wir euch wichtige Tische aus der Geschichte des Möbeldesign und der Innenarchitektur vor. Heute: Der Eiermanntisch –ein filigranes Meisterwerk.
Der Eiermann-Tisch in der ersten Version …
Alles begann 1953 mit einem Entwurf Egon Eiermanns zu einem Tischgestell aus Metall. Mit diesem Entwurf strebte er keine Serienproduktion an, sondern suchte eher für sich selbst einen gestalterisch unkonventionellen und standfesten Tisch, der für seine detailgetreue Arbeit als Architekt nutzbar war.
Eiermann lies sich das Tischgestell fertigen und nutzte ihn in seinem Büro. Seine Studenten der Technischen Universität Karlsruhe, die bis zu diesem Zeitpunkt nur die bis dahin immer gleich aussehenden Tische aus Vierkantrohr kannten, waren begeistert von dem modernen Design Eiermanns. Daraufhin wurde eine Kleinserie von wenigen 100 Stück für die Hochschule und einige Architektur Studenten produziert.
… und seine besondere Optik
Das von Eiermann entworfene Tischgestell bestand aus einem komplett verschweisten Stahlrohrgestänge, in dessen Rahmen schräg ein Kreuz als Querverstrebung eingesetzt wurde. Dieses Kreuz sorgte nicht nur für Stabilität, sondern zeichnete auch die damals neue und raffinierte Optik des Tisches aus.
Das Design strahlte ungekannte Klarheit und Leichtigkeit aus und spiegelte Eiermanns moderne Interpretation von funktionalem Möbeldesign wieder.
Die vollständige Verschweißung des Gestänges war ebenfalls ein besonderes Merkmal der ersten Version des Tischgestells, was dem Gestell auch später den Namen „Eiermann 1“ einbrachte.
Der Eiermann-Tisch in der zweiten Version…
1965 entstand, auf Initiative eines Assistenten Eiermanns, eine abgewandelte, nicht fest verschweißte, Version des Tischgestells.
Dieses zerlegbare Gestell wurde als „Zeichentischgestell“ bekannt und wie die erste Version von Egon Eiermann nicht über den Handel vertrieben.
Im Schneeballprinzip wurde das Zeichentischgestell an Architekturbüros und Eiermann`s Studenten verkauft.
Im Schneeballprinzip wurde das Zeichentischgestell an Architekturbüros und Eiermann`s Studenten verkauft.
…und die veränderte Optik
Diese zerlegbare Konstruktion war vielleicht praktischer als die fest verschweißte Variante Eiermanns aus dem Jahr 1953, jedoch ist das ursprüngliche Design des Gestells gestalterisch raffinierter und ausgefeilter.
In dieser Version war das tragende Kreuz nicht mehr schräg eingepasst sondern senkrecht und konnte mittig angeordnet oder nach hinten versetzt werden. Um die Stabilität beizubehalten wurde ein Halbrohr am Ende der Kreuzstreben notwendig, was Eiermann mit seiner gestalterischen Perfektion niemals gemacht hätte!
Bekanntheit & Namensgebung
Erst Richard Lampert verhalf dem Gestell zu seiner heutigen Bekanntheit. Er erwarb 1995 die Rechte am Originalgestell Eiermanns und machte es Schritt für Schritt im Designmöbelhandel bekannt.
Zur Unterscheidung des Originalmodells aus dem Jahr 1953 und dem als Zeichentisch bekanntem Modell aus dem Jahre 1965, führte Richard Lampert die Bezeichnungen „Eiermann 1“ für das Original und „Eiermann 2“ für den Zeichentisch ein.
Eiermann 1, 2 und jetzt auch 3
Seit einem Jahr gibt es sogar ein „Eiermann 3“ Gestell von Richard Lampert. Ein Tischuntergestell, das aus den Seitenrahmen des Original Eiermann Tischs einen klappbaren Tischbock macht. Unterschiedlich lange Ausleger können mittig oder exzentrisch montiert werden, sodass der Klappbock universell und individuell genutzt werden kann – bspw. als langen Konferenz- und Esstisch oder als kleinen Schreibtisch.
Dank Richard Lampert ist der „Eiermann“ ein Tisch bzw. ein Tischgestell das nicht nur uns sondern auch die ganze Welt bewegt und heute klassisch und gleichzeitig modern ist.